Donnerstag, 4. Juni 2009
Vorsortiert, kategorisiert, aussortiert
Vorsortiert, kategorisiert, aussortiert. Nach was hört sich das an? Aktenberge? Inventur im Supermarkt? Eventuell der Umgang mit Sondermüll? Weit gefehlt, Kollege! Es geht um Kinder. Es geht um UNS! Was mich zu diesem Artikel bringt, ist ein bei Spiegel.de veröffentlichter Bericht über eine Grundschullehrerin. Ihr Vergehen: Zu guter Unterricht. Die Schüler hatten zu gute Noten. Klassenarbeiten teilweise einen Schnitt von 1,8. Ich kenne leider nicht alle Hintergründe, und es scheint auch so zu sein, dass die Arbeiten leichter waren, als die der Kollegen. Andererseits war ihr hauptsächliches Mittel ein humaner Unterrichtsstil, welcher den Kindern ermöglichte SPAß an der Schule zu haben. Verwerflich, oder? So verwerflich, dass der Dame sogar verboten wurde, einen Morgenkreis zu veranstalten, ein ganz normales Mittel. Die Kinder sollen sich ja nicht zu wohl fühlen. Wo kommen wir denn dann hin, wenn man plötzlich gerne zur Schule geht und gute Noten schreibt?

Aus der eigenen Praxis kenne ich das ebenfalls: Im Kindergarten sind die Kinder stolz darauf, nach dem Sommer zur Schule zu gehen. Sie freuen sich darauf schon zwei Jahre vorher. Aber nach zwei Jahren Grundschule ist davon bei einigen nicht mehr viel übrig. Der Grund: Ein altersgemäßer Unterricht findet nicht immer statt, das Lehrpersonal ist unmotiviert, angepasst oder inkompetent. Kommentare wie „Warum soll ich mich darum jetzt noch kümmern? Der ist doch eh nur noch bis zum Sommer da!“ habe ich bereits mit eigenen Ohren gehört. Da stellen sich einem die Nackenhaare hoch.

Zurück zur Kritik: Die Kinder hatten zu gute Noten. Das passte selbstverständlich den Kindern in der Vergleichsklasse nicht, da sie durch die Bank schlechter abschnitten. Neid wurde geschürt. Kinder haben ein sehr feines Gespür für Gerechtigkeit, muss man dazu sagen. Die Pädagogin wurde angehalten, das gesamte Notenspektrum zu nutzen. Warum, wenn die Schüler ihre Noten verdienen? Ende vom Lied: Strafversetzung und die Drohung, sie in den Vorruhestand zu schicken.

Ich möchte nicht in Frage stellen, dass Noten ihren Sinn haben. Leider muss man die Leistungen der Schüler messen. Aber andererseits sollte Lehrpersonal nicht abgestraft werden, wenn es erreicht, dass die Schüler motiviert sind und gute Noten schreiben.

Aber das ist ja nichts Neues. Das deutsche Schulsystem ist ein Beamtenapparat. Was geschieht, wenn einer eine gute Idee hat? Im besten Fall wird ihm über den Kopf gestreichelt und gesagt „Gut gemacht - aber nicht umsetzbar.“. Im schlechtesten Fall wird der Lehrer ruhig gestellt. In den 50ern gab es einen Fall, bei dem ein Berufsschullehrer zusammen mit verhaltensauffälligen Jugendlichen Autos restaurierte und gute Resultate – also Noten und Motivation – damit erreichte. Was geschah? Er wurde von seinen Kollegen als Kameradenschwein und Quertreiber betitelt, das Projekt gestrichen und er verschwand in der Versenkung. Wohlbemerkt in den 50ern. Erschreckend, dass das heute nicht anders ist.

Die Skandinavier machen das da schon besser. Anstatt, typisch deutsch, das Schlechte im Kind zu suchen, werden die Stärken gezielt gefördert. Ist jemand zu doof für Mathe, aber ein Deutschass? Mathe wird zwar auch gefördert, aber der Schwerpunkt wird bei der Person auf Deutsch gelegt. Das Schafft Selbstvertrauen, Erfolge und letztendlich steigt die Chance, dass der Schüler auch in Mathe besser wird. Motivation. Das Schlüsselwort. Intrinsische Motivation wird an deutschen Schulen gefordert. Extrinsische Motivation sollte aber ebenfalls geschaffen werden. Es kann nicht alles von dem Schüler kommen. Auch die Schule muss das Kind unterstützen. Es handelt sich nicht um erwachsene Menschen, sondern um Kinder und Jugendliche. Unsere Zukunft!


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