Samstag, 12. Juni 2010
So schlimm ist es nicht
Mein Tag fing, obwohl ich hätte ausschlafen können, um 8 Uhr an. Ich kann einfach nicht mehr lange schlafen. An sich ist das auch kein Problem. Schlafen ist zwar ne tolle Sache aber ich liebe die Morgenstunden. Wenn die Welt erwacht. Damals, in Essen, genoss ich es morgens durch die noch ausgestorbene Innenstadt zu laufen. Das hat mir immer ein Gefühl des Friedens gegeben. Besonders schön war es an Sonntagen um 7 oder 8 Uhr in der Früh. Dann durch die leere, sonst pulsierende Innenstadt zu laufen, hat etwas surreales. Die Architektur kann sich voll entfalten, ruhe und Stille wie in der kanadischen Wildnis, nur ohne störende Tierlaute.

Da frage ich mich warum alle wegen der Ruhe aufs Land ziehen? Gut, um Kinder aufzuziehen ist das Land nun wirklich die bessere Wahl. Der Zusammenhalt soll auch stärker sein. Aber für Singels und Paare ist die Stadt der richtige Ort. Leben, Kultur, Arbeit, Vergnügen und Erholung liegen dicht zusammen. Auf dem Land gibt es nichts davon. Außer für einen ist ein kulturell wertvolles Programm zusammengesetzt aus silbernen Hochzeiten, Beerdigungen, dem Kirchgang und Schützenfesten. Und mal ehrlich. Mit der Ruhe kann man es auch übertreiben.

Aber man soll ja nicht immer verallgemeinern. Ich lebe in einer Art Nobelkleinstadt. Alles ist schnieke, neu oder Restauriert. Die meisten Leute sind erfolgreiche Unternehmer, Banker, Anwälte, Ärzte und so weiter. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass das Geld ebenjener Kultur bringt. Es gibt zwar keine tollen Kneipen oder Bars, das meiste ist echter Schrott, und auch sonst kann man nicht viel tolles machen, außer natürlich wegzufahren, aber die Stadt lebt. Und zwar dank regelmäßiger Veranstaltungen.

Zurück zu meinem Tag. Ich zockte erstmal ein wenig am PC bis das Spiel sich aufhängte. Was macht man dann? Erstmal ärgern. Dann aus dem Fenster schauen. Nanu? Grauer Himmel und nieselregen? Endlich keine stechende Sonne. Ja wunderbar! Da hab ich die Gelegenheit am Schopf gepackt und bin nach dem Duschen zum Haareschneiden gegangen. Und wie das dank des Geldadels in Neheim so ist, war in der Innenstadt ein riesen Fest am Start. So wie fast jedes Wochenende. Motto: natürlich die WM. Aber die Umsetzung war echt gelungen. Auf einer Bühne traten Künstler aus verschiedenen Ländern auf. Die Darbietungen waren zudem nicht gerade klischeehaft. Eine albanische Tanztruppe führte zum Beispiel Choreographien zu Balkanbeats auf. Und auf dem Markt gab es Leckereien aus aller Welt. Von Menschen aus aller Welt. Und zwar nicht Döner und Gyros, sondern wirkliche Delikatessen. Außer am USA stand. Da gabt Hotdogs und Burger. Ich war begeistert. Da hat doch endlich mal jemand die WM für etwas schönes genutzt. Interkulturelle Erziehung für Erwachsene. Nachdem ich mehrere Erledigungen machte, warf ich meinen noch zuhause genausetens Ausgeklügelten Plan, mir eine Mantaplatte zu erstehen, über den Haufen und kaufte mir für nen 5er ne wirklich große Portion Riesenscampi. Zubereitet in Öl, Knoblauch, schön gewürzt. Welch ein Schmaus.

Neheim ist zwar ein kleiner Ort und für Menschen wie mich zudem ein Einsamer. Aber es gibt weitaus provinziellere Städte mit noch schlimmeren Leuten. Also sage ich: Neheim ist ein Glücksgriff gewesen.
So kann es weitergehen mit der WM und Neheim. Dann ertrage ich unter Umständen sogar die Volldeppen die mit ihren komischen Tröten dauernd vor meiner Wohnung auf und ab laufen. Uwe Seeler oder wie die sich Schimpfen. Wie war das noch mit der Ruhe auf dem Land?

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